Die spannende Leseprobe zum neusten Fall des spiekerooger Ermittler-Teams Eden und Mattern von Marc Freund!
„Spiekerooger Schatten“ ist der neue Ostfrieslandkrimi von Marc Freund aus der Reihe „Ein Fall für Eden und Mattern“! Wir haben eine kleine Leseprobe für unsere Leser:innen anzubieten. Perfekt um sich selber ein Bild vom neusten Fall zu machen und einzusteigen!
***
»Was war das?«
Fenja Becher starrt ihren Vater an. Ihr Vater starrt den Bankberater und stellvertretenden Filialleiter Joachim Gunther an. Gunther zuckt unter dem Krach der aus dem Rahmen berstenden Tür nebenan zusammen und verfällt für einen kurzen Augenblick in eine Art Schockstarre.
»Das klang so, als ob …«
Wie es sich für Clemens Becher angehört hat, wird niemand mehr erfahren, denn er bringt den Satz nicht zu Ende.
Joachim Gunther springt von seinem Stuhl auf. Es ist die Sekunde, in der in der Schalterhalle laute Befehle gerufen werden. Mit zwei Schritten ist er bei der Tür seines gläsernen Büros und prallt mit dem zweiten Bankräuber zusammen, der gerade über den Zwischenraum in den schmalen Gang eindringt.
Der stellvertretende Filialleiter kassiert aus dem Nichts einen Schlag ins Gesicht, der ihn mit einem gleichsam überraschten wie schmerzerfüllten Aufschrei zurücktaumeln lässt.
Blut sickert zwischen die Finger seiner rechten Hand, die er sich reflexartig vor seine gebrochene Nase hält.
»Auf den Boden! Alle!«
Die Stimme des zweiten Maskierten klingt ein wenig heller und irgendwie gebildeter. Auch er hält eine Pistole in der Hand, deren Lauf er abwechselnd auf Joachim Gunther, Bentje Larsen und die vollkommen überrumpelte Irene Saalfeld, die dienstälteste Mitarbeiterin der Sparkasse, richtet.
Letztere lässt sich mit einem ächzenden Laut in die Hocke sinken, stützt sich mit der rechten Hand ab, bevor sie ganz den Boden berührt. Sie kommt neben ihrem Schreibtisch zu liegen und erblickt die Büroklammer, die ihr vor wenigen Minuten heruntergefallen ist.
»Ihr beide! Raus da!«
Der Befehl hatte Vater und Tochter Becher gegolten.
Clemens Becher wagt sich mit weit aufgerissenen Augen einen Schritt nach vorne. Dabei stößt er gegen die Ecke von Joachim Gunthers Schreibtisch. Die Kugelschreiber im Stiftehalter rasseln gegeneinander.
»Bitte … tun Sie uns nichts«, murmelt er. Seine Stimme zittert.
»Schnauze«, blafft ihn der Maskierte an und bedeutet ihm mit der Pistole, sich zu den anderen nach nebenan zu begeben.
Becher gehorcht. Ihm auf dem Fuß folgt seine Tochter Fenja. Sie hat ihre Lippen so fest aufeinandergepresst, dass sie einen weißen Strich bilden. Auch aus ihrem Gesicht ist nahezu jegliche Farbe gewichen. Übrig bleibt lediglich etwas Make-up. Auch sie hat unwillkürlich die Hände gehoben und kassiert einen Stoß in ihre hinteren Rippen, als es dem Maskierten nicht schnell genug geht. Sie stößt einen spitzen Schrei aus und taumelt gegen ihren Vater, der jetzt beinahe die am Boden liegende Irene erreicht hat.
»Runter, verdammt! Alle runter auf den Boden! Das gilt auch für Sie!«
Der Lauf der Pistole wandert in Bentje Larsens Richtung. Die Angestellte nickt erschrocken und lässt sich kurzerhand an der Schalterwand heruntersinken, bis sie platt am Boden sitzt. Ohne es zu wissen, hockt sie beinahe Rücken an Rücken mit Helen Renz. Die beiden Frauen sind nur durch etwa einen halben Meter Rigips und Sperrholz getrennt.
Professor Dr. Emanuel Merk ist der Letzte, der stehen geblieben ist. Seine runzligen Hände streichen gedankenverloren über die Lehne des Bürostuhls, während er dem Maskierten direkt in die Augen blickt.
»Mein Herr, Sie sollten sich gut überlegen, ob Sie das hier wirklich wollen. Machen Sie sich nicht unglücklich und gehen Sie. Noch haben Sie vielleicht die Möglichkeit dazu.«
Die Augen des Bankräubers verengen sich zu Schlitzen. »Sind Sie bescheuert, oder was? Runter mit Ihnen! Aber sofort!«
»Tun Sie um Himmels willen, was er sagt«, presst Joachim Gunther zwischen seine blutüberströmten Finger hindurch. Gleichzeitig wedelt er mit seiner freien linken Hand und bedeutet Merk, sich wie alle anderen zu verhalten.
Eines davon, vielleicht auch beides, zeigt Wirkung.
Merk hält sich am Stuhl fest, während er sich langsam zu Boden sinken lässt. Er bleibt auf dem Bauch liegen und sieht dabei der blonden Bentje Larsen direkt in die Augen. Ihre Wimperntusche ist verschmiert und bahnt sich auf beiden Gesichtshälften einen Weg ihre Wangen hinunter.
Auf der anderen Seite des Schalterraums werden nach wie vor Befehle gebrüllt, doch nichts davon betrifft die Anwesenden in diesem Bereich. Noch scheint die Lage überall unter Kontrolle zu sein.
»Wer hat hier das Sagen?« Bankräuber Nummer zwei blickt die am Boden Liegenden, die in diesem Augenblick zu Geiseln werden, fahrig der Reihe nach an.
»Hier, ich«, antwortet Joachim Gunther und hebt zwei Finger seiner linken Hand.
»Öffnen Sie den Tresorraum!«
»Das kann ich nicht. Ich habe nicht die Befug …«
Der Tritt gegen seine Schläfe trifft Joachim genauso unvorbereitet wie der Schlag zuvor.
Sein Kopf fliegt zur Seite, sein Körper folgt der Bewegung. Er vollführt unfreiwillig eine halbe Rolle auf dem Boden.
Eine der drei Frauen im Raum stößt einen spitzen Schrei aus.
Joachim schreit nicht. Er kämpft damit, sein Bewusstsein nicht zu verlieren. Grelle Lichtreflexe tanzen vor seinem inneren Auge. Er blinzelt mehrfach, bis die Konturen langsam wieder schärfer werden und er die Geräusche im Raum nicht mehr wie durch einen dicken Wattefilter wahrnimmt.
»Sie öffnen jetzt den verdammten Raum, sonst sind Sie tot, kapiert?«
Joachim hat verstanden. Nicht nur akustisch. Wenn ihm Eines in diesem Moment klar geworden ist, dann die Tatsache, dass es der Kerl ernst meint. Die zweite Erkenntnis ist genauso elementar. Es lohnt sich nicht, für diese Sache sein Leben aufs Spiel zu setzen.
»Wo ist der Schlüssel?«, keift der Maskierte. Seine Stimme überschlägt sich beinahe.
Joachim besitzt so viel Menschenkenntnis, um herauszuhören, dass die Situation langsam kippt. Der Typ ist dabei, die Nerven zu verlieren. Noch ehe mehr passieren kann, antwortet er: »In meinem … meinem Schreibtisch. Obere Schublade.«
Der Maskierte wedelt mit der Pistole. »Holen Sie ihn her! Sofort! Und keine falsche Bewegung.«
»Keine Sorge«, antwortet Joachim, während er sich mühsam aufrichtet, »ich werde tun, was Sie sagen.«
»Umso besser. Und jetzt los.«
»Verdammt noch mal, was dauert da drüben so lange?« Die Stimme von Bankräuber Nummer eins ist durch die Glaswand zwischen Geschäfts- und Kundenbereich leicht gedämpft zu hören. Was jedoch deutlich wird, ist die Tatsache, dass auch er langsam beginnt, die Nerven zu verlieren.
Währenddessen befindet sich Joachim Gunther auf einem schweren Gang zu seinem Schreibtisch. Mit der blutigen rechten Hand zieht er die obere Schublade auf. Dabei wird jede Bewegung von Bankräuber Nummer zwei überwacht, der vermutlich vor allem befürchtet, dass sich in der Schublade außer dem Schlüssel noch mehr befinden könnte. Eine Waffe vielleicht.
Das ist nicht der Fall. Joachim klaubt den Schlüssel mit spitzen Fingern aus einem kleinen Fach. Es handelt sich um drei Schlüssel, die leise gegeneinander klirren.
»Los, los! Machen Sie schon!«
Joachim signalisiert mit seinen eingeschränkten Möglichkeiten, dass er sich beeilen wird, und durchquert ein weiteres Mal leicht humpelnd das Büro.
Die Tür zu dem kleinen Tresorraum befindet sich geradeaus, keine zwei Meter von dem Platz entfernt, auf dem Professor Merk vor einigen Minuten noch gerne mehr über sein Aktiendepot erfahren hätte.
Der stellvertretende Filialleiter humpelt darauf zu. Der Schließmechanismus besteht nicht nur aus einem einfachen Schloss. Joachim muss zudem einen sechsstelligen Code in das kleine Tastenfeld eingeben. Er tut dies ohne gesonderte Aufforderung, da er weiß, dass es jetzt besser ist, zu handeln.
Ein grünes Lämpchen blinkt. Joachim versenkt den kleinen silbernen Schlüssel in dem Schloss daneben und dreht ihn nach rechts, fast um dreihundertsechzig Grad.
Die Tür springt auf. Gleichzeitig jedoch öffnet sich auch die Eingangstür zur Bank erneut.
***
Klappentext: 
»Es geht um meine Mutter und … um einen Toten in unserem Hausflur!« Die Inselpolizisten von Spiekeroog, Hinrich Mattern und Wiebke Eden, werden vom Nachbarn des Hauptkommissars zu einer Abendgesellschaft geladen.
Doch die Veranstaltung im Haus von Dr. Jesko Gunther wirkt von Anfang an äußerst seltsam. Weder scheinen sich die Gäste untereinander wirklich zu kennen noch mit dem Gastgeber in näherem Zusammenhang zu stehen. Erst im Laufe des Abends wird deutlich, dass die Anwesenden eine Gemeinsamkeit haben: Sie waren Zeugen eines Banküberfalls, bei dem der stellvertretende Filialleiter Joachim Gunther getötet wurde.
Nach dem Essen konfrontiert der Hausherr seine Gäste mit einer unglaublichen Anschuldigung. Als sie sich gemeinsam mit seinem Sohn im Tresorraum vor den Bankräubern zur Sicherheit eingeschlossen hatten, soll einer von ihnen seinen Sohn getötet haben, und die übrigen Beteiligten hätten dies vertuscht! Doch welches Motiv könnte hinter dieser Tat stecken? Der Hauptkommissar hat genug und verlässt mit Wiebke Eden das Haus, da wird er kurz darauf von einer der verdächtigten Personen angesprochen, die ihm eine wichtige Mitteilung machen will – doch Mattern vertröstet sie auf den nächsten Tag. Ein großer Fehler, denn in der Nacht wird einer der Gäste getötet! Jetzt drängt die Zeit, denn es besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Mörder auch die übrigen Zeugen zum Schweigen bringen will …
Der Ostfrieslandkrimi »Spiekerooger Schatten« ist als E-Book und Taschenbuch bei den bekannten Anbietern erhältlich wie:
Eine Übersicht über die Reihenfolge der Bücher finden Sie hier.
Viel Freude beim Lesen wünscht
Das Team von www.ostfrieslandkrimi.de